Empfehlungen Strahlenschutz

Empfehlungen und Möglichkeiten zum Thema Strahlenschutzüberwachung des Honorararztes für BV-H e.V. (07/2011) - von Dr. Ronald  Leppek

http://www.zarf.de


1. Es ist bekannt, dass die Häuser zunehmend den Strahlenschutz als integralen Bestandteil des betriebsinternen Qualitäts-und Risikomanagements begreifen und dafür Sorge tragen, dass Anwendungen ionisierender Strahlung in ihren Zuständigkeitsbereichen rechtlich einwandfrei stattfinden. Anderenfalls steht das sog. "Organisationsverschulden" im Raum und Verstöße z.B. gegen die Röntgenverordnung sind mit Bußgeldern belegte Ordnungswidrigkeiten.

2. Es empfiehlt sich m.E. für den Honorararzt, u.a. als Ausdruck einer professionellen Berufausübung, SELBST für die Dosisüberwachung Sorge zu tragen. Dabei sind folgende Situationen/Fragestellungen zu bedenken und ggf. folgende Optionen möglich:

a) Es gilt mit Duldungspflicht des Arbeitnehmers: wer im Kontrollbereich tätig wird, muss dosisüberwacht werden. Die erste Frage ist also, ob überhaupt eine Tätigkeit im Kontrollbereich vorliegt. Im OP gilt dafür als Faustregel, dass mobile Röntgengeräte (z.B. der C-Bogen) einen Kontrollbereich von ca. 4-4,5m Radius um den Strahlerkopf des Gerätes haben (s. Aufdruck auf dem Gerät). Ein Kontrollbereich liegt nur vor, wenn das Gerät Strahlung frei setzt, also nur für die Durchleuchtungs- bzw. Aufnahmesituation.

ERGO: Wenn sich die betreffende Person bei Durchleuchtung oder Aufnahmen NICHT im Kontrollbereich aufhält, ist keine Dosisüberwachung notwendig.

b) Wenn Tätigkeiten im Kontrollbereich durchgeführt werden, also z.B. innerhalb des 4-4,5m Radius um das Röntgengerät der Honorararzt (und weitere Personen) den Patienten auch während der Durchleuchtung oder Röntgendokumentation überwachen oder Eingriffe bei ihm durchführen, muss einen Dosisüberwachung (nicht nur) des Honorararztes stattfinden.

ERGO: Wenn ich als Honorararzt nicht sicherstellen kann, dass ich mich jederzeit aus dem Kontrollbereich entfernen kann, empfiehlt sich eine Dosisüberwachung.

c) Die Dosisüberwachung erfolgt in der Regel mit einem amtlich zugelassenen Dosimeter, welches an einer repräsentativen Stelle des Rumpfes (z.B. Kasaktasche bzw. Brusttasche der Bereichskleidung) unter der Bleischürze zur Erfassung der Körperdosis getragen werden muss. Amtliche Dosimeter ("Filmplaketten") werden von den amtlich zugelassenen Personendosismessstellen (z.B. LPS = Landesanstalt für Personendosimetrie und Strahlenschutzausbildung Mecklenburg-Vorpommern) ausgegeben. Siehe dazu z.B. http://www.lps-berlin.de/personendosismessstelle.html. Auch das Helmholtzzentrum München (früher gsf) gibt Plaketten heraus und übernimmt als Dienstleister die Auswertungen.

 Für die Mitarbeiter des jeweiligen Hauses obliegt die Organisation dieser betrieblichen Überwachung dem zuständigen Strahlenschutzbeauftragten. Da die Personendosis (wie der Name sagt) personenbezogen erfasst werden muss, sind "Gastplaketten" oder ähnliche Konstrukte nicht ratsam. Für den Honorararzt empfiehlt sich die Anschaffung einer eigenen Plakette, die z.B. von der LPS auch ausgewertet wird. Eine technisch aktuelle sog. Gleitschattendosimeter-Kassette, die auf eigene Kosten beschafft werden muss, kostet ca. 10-15 Euro, die monatlichen Auswertungskosten betragen in der LPS ca. 4-5 Euro, eine zweimonatige Auswertung kostet 8-10 Euro. Vorteilhafterweise entfällt dabei für den Plakettenträger die Verpflichtung zur eigenen Dosisprotokollierung. Der Honorararzt könnte - ebenfalls als Ausdruck professioneller Berufsausübung - dem jeweiligen Auftraggeber Kopien dieser Dosisauswertungen zur Verfügung stellen oder zumindest im Bedarfsfall Einsicht gewähren.

 

d) Eine tagesaktuelle (oder einsatzbezogene) Überwachung und Auswertung ist nur mit sog. sofort ablesbaren Dosimetern = elektronische Personendosimeter (EPD)  möglich, die vorteilhafterweise auch über eine Dosisleistungsmessung verfügen. Praktisch bedeutet das, dass der Träger eines EPD akustisch gewarnt wird, wenn eine voreingestellte Dosisleistung und damit Gefährdungsgrenze überschritten wird (z.B. bei durchleuchtungsintensiven Interventionen im OP).

Die Anschaffungskosten betragen z.B. für ein marktübliches EPD ( z.B. http://www.step-sensor.de/de/strahlenmesstechnik/personen_dosimeter.html ) zwischen 600-1000 Euro zgl. Eichung alle 2 Jahre. Der Träger des EPD ist verpflichtet, die Dosismessungen selbst zu protokollieren und ggf. nachzuweisen. Ferner ist bekannt, dass die EPD derzeit technisch den Nachteil haben, dass die Dosis im gepulsten Nutzstrahlenfeld (also die von der Röntgenstrahlung getroffene Körperregion des Patienten, der sich die im Kontrollbereich tätige Person tunlichst zu nicht auszusetzen hat) unterschätzt wird. Die Messungen im unvermeidlichen Streustrahlenfeld gelten als hinreichend zuverlässig zur Erfassung der Körperdosis. Diese Situation spiegelt ja die typische Situation bei  OP oder Intervention wider. Wenn tatsächlich unvermeidbar im Nutzstrahlenfeld hantiert wird (also z.B. die Hände des Untersuchers „mit im Bild oder in der Durchleuchtung mit dargestellt werden“), ist zusätzlich (!) das Fingerringdosimeter zu empfehlen, was z.B. für den Operateur oder interventionell tätigen Kollegen ratsam ist, da es die Teilkörperdosis erfasst, die weder von der "Plakette" noch vom EPD erfasst wird.

ERGO: Im Sinne einer Kosten-Nutzen-Relation empfiehlt sich m.E. für den Honorararzt die Anschaffung einer eigenen Plakette mit regelmäßiger Dosisüberwachung durch die amtliche Personendosismessstelle

e) Nicht nur bei regelmäßigen Einsätzen bei einem Auftraggeber empfiehlt es sich durchaus, mit dem zuständigen Strahlenschutzbeauftragten (SSB) des Auftraggebers (SSB werden vom Strahlenschutzverantwortlichen = Betreiber der Klinik in ausreichender Anzahl und klar definierten Zuständigkeitsbereich schriftlich bestellt) bzw. der zuständigen Behörde Kontakt aufzunehmen, um nähere Modalitäten zur Organisation des Strahlenschutzes in Erfahrung zu bringen.

Um für alle Fälle gerüstet zu sein versteht es sich von selbst, dass der Honorararzt nicht nur die Dosisüberwachung regelt oder mindestens mit der örtlichen Situation abstimmt, sondern natürlich auch über eine gültige Fachkunde im Strahlenschutz nach RöV verfügt, sofern er eigenverantwortlich Röntgenuntersuchungen anordnen (Rechtfertigende Indikation), durchführen oder befunden möchte.

All das vorgenannte entfällt, wenn (nicht nur) der Honorararzt sicher stellen kann, dass er NICHT im Kontrollbereich tätig wird und KEINE eigenverantwortliche Indikation zu Röntgenuntersuchungen stellt, Röntgenuntersuchungen selbst durchführt oder befundet.

Dr. Ronald Leppek - 07/2011